Ein Gastbeitrag von Weltveränderer e.V. für die Saarbrücker Zeitung anlässlich der Wahl von Anke Rehlinger zur kommenden saarländischen Ministerpräsidentin am 25. April 2022. (die gedruckte Version ist hier verlinkt)
Nächsten Montag startet mit Anke Rehlinger eine Ministerpräsidentin ins Amt, welche die Nachhaltigkeit in unsere Landesverfassung schreiben möchte. Aber was bedeutet dies? Muss die Landesregierung dann vom Dienstwagen auf das Fahrrad umsteigen? Kommen mehr Menschen aus der Armut raus? Werfen wir alle weniger Lebensmittel in den Müll?
Nachhaltigkeit braucht die Politik
Schon alleine diese Beispiele zeigen, dass es wohl noch ein ziemlich steiniger Weg wird. Im Wahlprogramm der SPD zur Landtagswahl finden sich viele positive Ansätze, wie der „Reparaturbonus“ für Alltagsgeräte oder das 365-Euro-ÖPNV-Ticket. Forderungen, die nun ohne die Verwässerung durch Koalitionsverhandlungen direkt in Regierungshandeln umgesetzt werden könnten. Es könnten starke Impulse gesetzt werden für gelebte globale Nachhaltigkeit im Saarland. Könnten. Aber will die SPD das überhaupt, jetzt wo sie alleine am Drücker ist? Es sind immer noch sehr zarte Pflänzchen, weil selbst die Einführung der Reparaturgutscheine noch geprüft und das 365-Euro-Ticket nur für Jugendliche gültig sein soll.
Nachhaltigkeit muss nun Chefinnensache werden
Im Regierungsteam sind die Charakterköpfe noch nicht erkennbar, welche mehr Nachhaltigkeit nicht nur in die Verfassung schreiben, sondern auch im Privaten leben und im Politischen mit Herzblut in möglichst vielen Bereichen in Regierungshandeln umsetzen wollen. Die auf Dienstfahrzeuge verzichten und zu öffentlichen Terminen mit dem Fahrrad, Bussen und Bahnen fahren, wie es viele andere Menschen auch jeden Tag zur Arbeit machen. Die sich gegen die Wegwerfkultur oder für den Fairen Handel engagieren. Oder sich für eine möglichst fleischfreie oder vegane Ernährung an Schulen stark machen. Ambitionierte Ziele können sonst schnell dem Spardiktat zum Opfer fallen oder als Prozesse versanden, wenn Nachhaltigkeits-Botschafter*innen in der Regierung, im Parlament und der Verwaltung fehlen.
Nachhaltigkeit braucht Kohle
In den kommenden Wochen und Monaten müssen dafür nun die finanziellen und organisatorischen Ressourcen durch die neue Landesregierung geplant und bereitgestellt werden. Im Dialog mit den Aktivist*innen und Organisationen. Damit Nachhaltigkeit für die Menschen im Land als etwas Positives erlebbar wird und nicht als Verzicht, welcher vermeintlich ihren Lebensstandard bedroht. Wir müssen daher die Initiativen im Land massiv finanziell unterstützen und ausbauen, die es schon gibt, die zeigen, dass es auch anders geht. Global gedachte Nachhaltigkeit über den eigenen Tellerrand hinaus, braucht Orte und Menschen im Land, die vermitteln können, wie Nachhaltigkeit einfach und leicht im alltäglichen Leben geht. Es gibt sie, aber sie haben es sehr schwer im Saarland. Oft scheitert es an lächerlich geringen Summen, weil kein Geld vorhanden ist für Zukunftsprojekte. Weltveränderer e.V. fordert daher, dass globale Nachhaltigkeit in der kommenden Landesregierung nun zur Chefinnensache wird. Als Teil der kritischen Zivilgesellschaft werden wir diese Entwicklung gerne begleiten und zur gegebenen Zeit auch den Finger in die Wunde legen.